Das Enneagramm

Aus meinen Notizen zur Lektüre von „The Theory of Celestial Influence“ von Rodney Collin, einem Schüler Gurdjieffs in der Tradition des vierten Weges.

Der Kreis

Das isolierte Dasein eines Objekts wird durch den geschlossene Kreis dargestellt. Er symbolisiert einen ewig wiederkehrenden und ununterbrochen fließenden Vorgang.

Die verschiedenen Punkte in der Teilung des Kreisumfanges stehen für die Stufen dieses Vorgangs.

Das Symbol als Ganzes ist do, das heißt etwas mit einer ordnungsgemäßen und vollständigen Existenz.

Dargestellt durch den Kreis – einen vollendeten Kreis.

Es ist die Null unseres Dezimalsystems, deren Ziffernzeichen ein geschlossener Kreis ist.

Er enthält, von seiner Umgebung abgesondert, in sich alles für das eigene Dasein Notwendige. Die Aufeinanderfolge der Stufen in dem Prozeß muß mit der Aufeinanderfolge der Zahlen von eins bis neun verbunden werden.

Die neunte Stufe, die das ‚Intervall‘ si – do ausfüllt, vollendet den Kreis, das heißt, schließt den Kreis, der an dieser Stelle neu beginnt.

Der Scheitel des Dreiecks vereinigt die Zweiheit seiner Basis und ermöglicht mannigfaltige Formen seiner Darstellung in den verschiedensten Dreiecken auf die gleiche Weise, wie der Scheitelpunkt des Dreiecks sich unendlich oft auf der Grundlinie aufträgt. Darum liegt jeder Anfang und jede Vollendung des Kreises im Scheitelpunkt des Dreiecks, in dem Punkt, wo Beginn und Ende zusammenfallen, wo der Kreis sich schließt, der Punkt, der im unendlichen fließenden Kreis als die zwei do der Oktaven erklingt.

Es ist die neunte Stufe, die den Kreislauf schließt und wieder beginnt.

Darum wird der oberste Punkt des Dreiecks, der dem do entspricht, mit der Zahl 9 bezeichnet und auf die übrigen Punkte werden die Zahlen 1 bis 8 verteilt.

Bei der Untersuchung der komplizierten Figur innerhalb des Kreises müssen wir uns über die Gesetze ihres Aufbaus klar werden.

  1. Die Gesetze der Einheit spiegeln sich in allen Erscheinungen.
  2. Das Dezimalsystem gründet sich auf die gleichen Gesetze.

Die vollständige Konstruktion dieses Symbols, welche es mit einem vollständigen Ausdruck des Oktaven-Gesetzes verbindet, ist tatsächlich komplizierter als die hier dargestellte. Aber auch diese Konstruktion zeigt die inneren Gesetze einer Oktave und weist auf eine Methode hin, wie man das Wesen eines ‚Dinges an sich‘ erkennen kann.

Weitere Hinweise

Alle Zahlen der Periode zusammen ergeben neun, d.h. eine ganze Oktave. In jeder einzelnen Note ist wieder eine ganze Oktave enthalten, die den gleichen Gesetzen unterliegt, wie die Erste.

Rodney Collin

Die Lage der Noten entspricht den Zahlen der Periode und die Zeichnung einer Oktave sieht aus wie folgt:

Die Bewegung des Enneagramms

Das Enneagramm ist dauernde Bewegung, das gleiche perpetuum mobile, das die Menschen seit dem ältesten Altertum gesucht und niemals gefunden haben. Und es ist klar, warum sie das perpetuum mobile nicht finden können.

Sie suchten ausserhalb von sich, was in ihnen war; und sie versuchten dauernde Bewegung zu konstruieren, wie man eine Maschine konstruiert, während die wirkliche dauernde Bewegung ein Teil einer anderen dauernden Bewegung ist und nicht losgetrennt von ihr erzeugt werden kann.

Ouspensky

Das Enneagramm ist ein schematisches Diagramm der dauernden Bewegung, das heißt, einer Maschine in dauernder Bewegung.

Aber natürlich muß man wissen, wie dieses Enneagramm zu lesen ist. Kenntnis darüber und die Fähigkeit, es zu benutzen, verleihen dem Menschen eine sehr große Macht.

Es ist das perpetuum mobile und ist auch der Stein der Weisen der Alchimisten.

Siehe auch die Figuren, die Ramon Llull 1308 in seinem Werk Ars brevis veröffentlicht. Das Enneagramm lässt sich in dieser Zeichnung für alle Positionen einzerichen:

Nach einer Darstellung von Ramon Llull, 1308

Bewegungsübungen

1922 als G. sein Institut in Frankreich organisierte, zeigte er Übungen, die mit der „Bewegung des Enneagramms“ in Beziehung standen.

Auf den Boden der Halle, in der die Übungen stattfanden, wurde ein großes Enneagramm gezeichnet und die an den Übungen teilnehmenden Schüler standen an den Stellen, die mit den Zahlen 1 bis 9 bezeichnet waren.

Und dann begannen sie sich in Richtung der Zahlen der Perioden in einer sehr interessanten Bewegung zu bewegen, wobei sie sich an den Treffpunkten umeinander drehten, das heißt an den Punkten, wo sich im Enneagramm die Linien kreuzten.

Er sagte auch, daß es ohne Teilnahme an diesen Übungen und ohne eine bestimmte Stelle in ihnen einzunehmen, fast unmöglich sei, das Enneagramm zu verstehen.

Es ist möglich, das Enneagramm durch Bewegung zu erleben. Der Rythmus der Bewegungen selbst suggeriert die notwendigen Ideen und erhält die notwendige Spannung aufrecht.

Ohne Bewegung kann man nicht fühlen, was das Wichtigste ist.

Gurdjieff:

„Jedes vollständige Ganze, jeder Kosmos, jeder Organismus, jede Pflanze ist ein Enneagramm.“

„Nicht jedes dieser Enneagramme hat ein inneres Dreieck.“

„Das innere Dreieck zeigt das Vorhandensein höherer Elemente nach der Tabelle der „Wasserstoffe“ in einem bestimmten Organismus an.“

„Das innere Dreieck befindet sich in Pflanzen wie Hanf, Mohn, Hopfen, Tee, Kaffee, Tabak und vielen anderen, die im Leben des Menschen eine bestimmte Rolle spielen.“

Das Studium dieser Pflanzen kann uns viel über das Enneagramm offenbaren„.

Eine andere Zeichnung des Enneagramms wurde unter G.’s Leitung im Jahre 1920 in Konstantinopel ausgeführt.

In dieser Zeichnung wurden innerhalb des Enneagramms die vier Tiere der Apokalypse dargestellt:
der Stier, der Löwe, der Mensch und der Adler – und mit ihm die Taube. Diese zusätzlichen Symbole bezogen sich auf die „Zentren“.

In Zusammenhang mit den Gesprächen über die Bedeutung des Enneagramms als Universalsymbol sprach G. wieder von der Existenz einer universalen „philosophischen“ Sprache:

„Ich habe schon früher gesagt, daß es nicht nur eine, sondern drei universale Sprachen gibt, oder genauer drei verschiedene Grade.Der erste Grad dieser Sprache ermöglicht es den Menschen, ihre eigenen Gedanken auszudrücken und die Gedanken von anderen über Dinge zu verstehen, dem gegenüber die gewöhnliche Sprache machtlos ist.“

Gurdjieff
Gurdjieff

Frage :

Warum ist eines der „Intervalle“, welches durch die Zahl 3 bezeichnet wird, an seinem richtigen Platz zwischen den Noten mi und fa und das andere, welches durch die Zahl 6 bezeichnet wird zwischen sol und la, wo doch sein richtiger Platz zwischen si und do wäre?

Antwort : Die offensichtliche Anordnung des Intervalls an einer falschen Stelle zeigt denen, die fähig sind, das Symbol zu lesen, was für eine Art ‚Schock‘ für den Übergang von si auf do notwendig ist.